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Mittwoch, 14. September 2016

Willkommen im Club

Wir sind seit einigen Wochen offiziell im Club der Langzeitstillenden aufgenommen. Wir stillen seit mehr als einem Jahr, für manch eine andere Person unverständlich. "Langzeit" - ein weiteres Wort, das mit diesen beiden Silben beginnt, ist "langzeitarbeitslos", also negativ behaftet. Wir als Clubmitglieder der Langzeitstillenden scheinen ein wenig vom negativen Image abzubekommen. Immerhin sind die Sätze, die wir zuweilen hören und die Erfahrungen, die wir machen müssen, nervenaufreibend, wiederholend, sie machen uns ärgerlich und bringen uns zuweilen ganz schön auf die Palme. Wir Clubmitglieder scheren uns nicht darum, manchmal haben wir es uns ausgesucht, lange zu stillen, manchmal hat es sich einfach so ergeben. Die Gründe sind vielfältig. Ebenso vielfältig sind die Sätze, die wir hören, wenn man uns mit halbgeöffneter Bluse, T-Shirt oder Kleid sieht, dazu ein Kleinkind (das sogar schon laufen kann, um Himmels Willen! Es wird für immer und ewig unselbstständig sein), das friedlich trinkt oder nuckelt. Liebe Menschen, eure Kreativität bei eurer Wortwahl in allen Ehren: Aber ihr geht uns ganz schön auf den Wecker. Ein kleines Best-of gefällig? Nur zu, davon haben wir Clubmitglieder reichlich. Fangen wir mal damit an: "Reicht deine Milch noch aus?" Nein, natürlich nicht. Man sieht doch sofort, dass mein Kind nur noch Haut und Knochen ist. Ein weiterer Kalauer: "Wie lange möchtest du denn noch stillen?" Hm, bis er oder sie 16 ist? Immerhin sind es einige Kalorien pro Tag mehr, die wir stillenden Muddis zu uns nehmen dürfen. Man denke nur an die Schokolade und den köstlichen Schokoladenbrotaufstrich, nach dem dieser Blog benannt ist. Mjam! Sicherlich nicht zu verachten ist die Sorge einiger um das Wohlergehen der Dauerstillmuddis. „Hast du denn gar keine Zeit für dich?“ Selbstverständlich nicht. Mein Kind und ich hängen 24 Stunden am Tag aufeinander rum. Der Papa ist eigentlich nur Dekoration und weiß nicht, wie man das einjährige Kind mit Zähnchen satt bekommt, wenn Muddi nicht da ist. Ist irgendwann ein zweites Kind unterwegs und die Muddi stillt immer noch (ach, wie schrecklich), kommen für die Mitmenschen neue Probleme auf. „Ja, willst du dann beide stillen?“ Nö, das neue Kind bekommt die Flasche. Dann muss sich der Erstgeborene nicht umgewöhnen oder gar teilen. Man könnte natürlich auch eins links und eins recht anlegen. Liebe Mitmenschen, das funktioniert tatsächlich und nennt sich Tandemstillen. Wie Tandemfahrradfahren, nur eben stillen – nämlich mit zweien. Ganz schlimm ist es die elende Dauerstillerei für die Menschen, die selbst noch keine Kinder haben. Sie haben die besten Tipps. Nicht zu unterschätzen ist auch die Sorge um die Zukunft. Sollte das 16-jährige Kind tatsächlich noch an der Brust hängen, wie ist es dann mit dem ersten Partner oder der ersten Partnerin? Nuckelt die dann mit? Das wurde ich wirklich gefragt. Bestimmt nicht ganz ernst gemeint. Wir aus dem Club der Langzeitstillenden sind uns auch sicher, dass wir, wenn unser Langzeitstillkind in der Grundschule ist, alle 45 Minuten zur Schule kommen, um in der Pause die Milchi zu geben. Denn ist es nicht so, dass man nach einem Jahr stillen das Kind gar nicht mehr von der Brust wegbekommt? Sicher, ganz sicher. In Jahrhunderten, in denen es noch keinen Brei gab, haben das die Muddis bestimmt gemacht. Ach, da gab es noch keine Schulpflicht. Langzeitstillen fiel damit nicht auf. Neben dem Club der Langzeitstillmuddis gibt es noch den allumfassenden Club der StillenNichtStillenFlaschenMuddisDieEinfachNurMuddisSind. Deren Credo lautet: „Ich folge meiner Intuition und tue das, was ich für richtig halte.“ Darin sind übrigens alle Muddis dieser Welt Mitglied.

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