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Sonntag, 11. September 2016

Der Countdown läuft

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass die ersten Wochen einer Schwangerschaft wie im Flug vergehen. Ein Monat fühlt sich an wie ein Monat, acht Monate wie acht Monate. Das ändert sich erst ab der 36. Woche. In den letzten vier Wochen scheint es so, als wären es 1000 Tage à 72 Stunden. Eine gefühlte Unendlichkeit! Der Bauch nimmt ungeante Dimensionen an, die eigenen Füße kann man nicht mehr sehen, geschweige denn Schuhe zubinden. Wohl den Frauen, die im Sommer schwanger sind und sich nur um FlipFlops oder weiche Mokkassins bemühen müssen. Oder gleich barfuß laufen. Die Dusche heißt nur noch "Walwaschanlage", im Freibad singt man hinter uns armen Dickbäuchern wahrscheinlich "Schiebt den Wal zurück ins Meer" und Greenpeace schützt uns mit eigenen Aktionen. In den letzten verbleibenden 1000 Tagen einer Schwangerschaft kommen zu lustigen Gelüsten (siehe https://nutellaundweizenbier.blogspot.de/2016/08/dinkelmehl-und-toffifee-von-gelusten-in.html ) die Nestbautriebe. Shoppen!!!! Babysachen! Kinderwagen, Babyschale, kleine Schühchen, Söckchen, oh, das ist ja alles so niedlich. Nur, falls man zur Geburt nichts bekommen sollte außer Babybodys, Windeln, Cremes, Tübchen, Schlafsäcken, Stramplern und Schnullis, geht man als werdende Muddi und werdender Vaddi voller Begeisterung einkaufen.  Es könnte ja auch sein, dass die Kisten, die man von Freunden mit älteren Kindern bekommen hat, nicht ausreichen. Als wäre da nicht ein Jahresvorrat an Windeln und Babykleidung drin. Daher: Nichts wie los.Die Kreditkarte wird geschröpft bis die Inkassofirma droht. Sind die Schränke endlich gefüllt, alles gewaschen und fein säuberlich gefaltet (noch hat man ja die Zeit, alles mit Millimeterpapier auszumessen und sorgfältig im Schrank zu platzieren), gilt es, schlaflose Nächte zu überbrücken. Nein, das Baby ist noch nicht da. Aber der Bauch ist im Weg und verhindert einen süßen Schlummer. Dazu kommen vielleicht noch die Senkwehen und eine gewisse innere Unruhe. Kein Wunder, dass ich in den letzten Wochen morgens um fünf aufgewacht bin und erstmal frühstückte. Bärenhunger war das morgens. Danach: wieder ins Bett. Oder die letzten kleinen, süßen Söckchen waschen, falten und nach Farben sortieren. Eine meiner Freundinnen bekommt bald ihr erstes Baby. Sie scheint dem Koch-, Back-, Einkochwahnsinn verfallen zu sein. Sie sei um halb fünf aufgewacht. "Wie angeknipst", erzählt sie mir. Glockenwach. Also machte sie sich dran, eine Zucchini-Quiche zuzubereiten. Schön Zucchini schnibbeln, alles in den Ofen. Aber wach war sie immer noch. Also fing sie noch an, Äpfel zu schälen und tonnenweise Apfelmus zu kochen. Mal mit Ingwer verfeinert, mal ohne. Fertig mit allem war sie gegen halb sieben. "Und dann hatte der Supermarkt noch nicht auf", berichtet sie empört. Sie wollte doch einkaufen gehen. Wach war sie ja immer noch. Seltsame Marotten in den letzten Schwangerschaftswochen? Kaum! Ich hingegen habe ja nur am Tag, bevor wir ins Krankenhaus gefahren sind, noch die Küche eingeräumt. Die war nämlich genau an dem Tag endlich fertig geworden. Alles verlief nach Plan. Aber immer noch warten, warten, warten. Und das Thema essen immer im Hinterkopf. Eine weitere Freundin erzählt mir, dass sie erst noch gekocht hat, bevor sie losfuhren. Bevor sie ihrem Mann überhaupt sagte, dass die Wehen da sind. Aufgegessen musste auch noch werden. Erst dann gemütlich ins Krankenhaus. Vorher natürlich noch ausgiebig duschen, Fußnägel lackieren, Beine rasieren und ein wenig Wimperntusche auftragen. Sonst bekommt der Nachwuchs ja einen Schock, wenn er seine Mama das erste Mal sieht. Das schien zumindest das Credo einer anderen Freundin zu sein. Während sie sich hübsch machte, verdonnerte sie zudem ihren Mann dazu, noch den Abwasch zu machen. Den hatte ich ja bereits erledigt, als mein Göttergatte an diesem einen Tag, als das Warten endlich ein Ende zu haben schien, nach Hause kam. Ich war geduscht, schickte den werdenden Papa ebenfalls noch ins Bad und dann ging es endlich Richtung Krankenhaus. Die 1000 Tage hatten ein Ende. Countdown beendet.

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