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Dienstag, 6. September 2016

Märchenstunde

Es waren einmal mehrere Muddis, die sich zu einem Babypicknick im Schloss trafen. Die dortigen Schlossprinzessinnen mitsamt Schlossbaby hatten zum Gelage mit Muffins, Kuchen, Spaßfreikeksen (ohne Zucker) geladen. Unter den Bäumen auf dem weichen Rasen verlebten die Muddis einen herrlichen Nachmittag. Fröhliches Babyglucksen, rabbelsabbelwindel und Anekdötchen aus dem Muddialltag konnten alle den Tag genießen. Kein Wunder, dass die Schlossprinzessinnen auch im nächsten Jahr wieder einluden. Blitzende und blinkende Stahlkarossen fuhren am Nachmittag in den Schlosshof und entluden ihre herrliche Fracht: putzmuntere kleine Knaben und ein zauberhaft gelocktes Mädchen, die es kaum erwarten konnten, den malerischen Schlosspark zu inspizieren. Schließlich haben die Sprösslinge kaum noch Erinnerungen daran, dass sie bereits vor einem Jahr den Rasen im Schlosspark unsicher gemacht haben. Und was gab es nicht alles zu sehen: Stolze Bauwerke erhoben sich vor den Augen der Knaben und des Mädchens. Bauwerke, wie sie sie (der Begeisterung nach zu urteilen) nur aus Märchenbüchern kennen. Gleich zwei Schaukeln baumelten an einem starken Ast, eine Schaukel für die ganz Kleinen, eine für die, die schon etwas größer waren. Auf einem Tisch wartete ein gar fürstliches Büffet, ja es mutete zum Festbankett an. Gänsewein, Saft gepresst aus Obst und zauberhafte Dinge für die kleinen Bäuche. Die Hofdamen, alias Muddis, waren nicht weniger begeistert. Selbst gebackener Hefezopf, garniert mit Zuckerstreuseln, mächtige Fruchtmuffins mit Schokolade und Kirschen und natürlich lustige gebackene Tierchen aus Spaßfreiteig. Denn in einem guten Märchen gibt es keine Bösewichter wie Zucker. Nach Herzenslust schlugen sich die Knaben und das Mädchen die Bäuche voll. Ihre kleinen Mägen juchzten vor Begeisterung angesichts der köstlichen Spaßfreikekse. Und hatte ein Kind mal einen Keks zuviel in der Hand und wusste gar nicht, wie man den jetzt auch noch essen kann - kein Problem, dafür gibt es ja die Mamis. Denn was eine richtige Hofdamenedelfräuleinmami ist, isst sie die Kekse, die das Kind nicht mehr mag. "So komme ich zu Keksen. Ich sage einfach, der ist für meinen kleinen Prinzen", gibt eine Hofdame ehrlich zu, während ein weiterer Spaßfreikeks in ihrem Bäuchlein verschwindet. Soviel, wie man als Vollzeitmuddi tagsüber rennt und dem Nachwuchs hinterherwetzt, sind ein, zwei, drei, vielleicht auch vier Kekschen ganz schnell wieder abtrainiert. Sollte der gelockte Knabe dann mal Lust auf Hefezopf haben, sind die Vorzeigehofdamenmuddis selbstverständlich auch zur Stelle und knabbern die Zuckerperlen ab. Ich sage ja, in diesem Märchen haben die Kinder gar nichts mit Bösewichtern und traumatischen Erlebnissen zu tun. Doch da, was war da? Mit einem Mal erscholl ein Brummen und Tuckern im Schlosspark. Manni, der Mann für alles im Schloss, hatte sein motorisiertes Stahlross eigens für die Kinder gezähmt und tuckerte mit dem friedlichen Ungetüm alias Trecker über die Wiese. Was für eine Aufregung, was für ein Spaß! Die Knaben und das Mädchen konnten kaum an sich halten vor Begeisterung. Ein echter Trecker! Kein einfaches Plastikteil aus der Spielwarenabteilung, nein, ein wahrhaftiges Ungeheuer, das man sogar anfassen konnte. Vielleicht auch etwas skeptisch, manch ein Kind nur auf dem Arm der Hofdamenmuddi, aber doch wagemutig traute sich dann ein jeder Nachwuchsprinz an das Ungeheuer heran. Wer damit noch nicht genug hatte, wagte sich an die Rutsche heran. Gefühlt 50 Meter ging sie in die Tiefe. War das ein Johlen, ein Kreischen, Freudentaumel, wenn die Kleinen die Rutsche (festgehalten von den starken Hofdamenfräulein) hinuntersausten. Manch eine Muddi sauste schneller den Berg herab, als ihr Kind. Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.
Als krönender Abschluss kam der Hoffotograf, um die Gesellschaft für alle Ewigkeiten festzuhalten. Während der Fotograf den Auslöser betätigte, verkündete der Schlossprinz fröhlich "Mama, Kacka gemacht."
Und wenn sie nicht gestorben sind, picknicken sie noch heute.

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