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Mittwoch, 28. Oktober 2015

Von Kurs zu Kurs

Die frühkindliche Förderung ist notwendig, wenn nicht gar lebensnotwendig. Denn wie soll das eigene Kind in der heutigen Zivilisation überhaupt überleben können, wenn es nicht zu so vielen Kursen angemeldet wird, wie nur möglich? Ganz klar, noch bevor wir überhaupt an die Familienplanung gegangen sind, geschweige denn bevor sich mein Göttergatte und ich überhaupt kannten, habe ich für möglichen Nachwuchs Plätze reservieren lassen. Ich war leicht irritiert, dass das nicht 13 Jahre im Voraus geht. Die Menschen haben wirklich keine Ahnung, wie wichtig es ist, dem Nachwuchs jede nur mögliche Unterstützung zukommen zu lassen. Also musste ich mich noch gedulden. Mein Mann war zum Glück derselben Meinung, und kaum dass unser Sommerspross auf der Welt war, haben wir ihn gleich mal überall angemeldet.  Unser Wochenplan ist jetzt durchaus etwas gestrafft. Da unser überaus begabtes Kind nicht nur mit zwei Zähnen auf die Welt kam, sondern natürlich und selbstverständlich schon laufen kann, haben wir ihn zum Babyfußball angemeldet. Montags ist jetzt daher nachmittags Babyschubsen auf dem Rasen angesagt. Schakkeline und Schantall schubsen Kevin, der wiederum gezielt mit seiner Windel den Schiedsrichter umhaut. Aber unserer Meinung nach kann der Schiri eh nichts. Das sehen auch die anderen Eltern so. Lieber sollte man uns die Pfeife in die Hand geben, wir zeigen dann, wie man richtig pfeift. Spannender ist es Sonntags beim Spiel - grüne Windeln gegen blaue Windeln. Es siegt die Mannschaft mit dem schnellsten Feuchttuch.
Außerdem ist Babyschwimmen angesagt. Gekonnt wird der arme Nachwuchs durch die wohltemperierten Riesenbadewannen geschwenkt. Dazu singen wir "Große Uhren machen Tick-Tack, Tick-Tack. Kleine Uhren machen Ticke-Tacke,..." und versuchen, das Geschrei der Kinder zu übertönen. Ab und zu greift sich die kinderlose Schwimmmeisterin ein unschuldiges Baby und zeigt die nächste Übung. Zum Glück macht das nicht jedes Baby mit - eines spuckt der ominösen Tante gezielt den letzten Rest der Milchbar ins Gesicht.
Als vorbildliche Eltern wird der Sohnemann zur musikalischen Früherziehung angemeldet. Er lernt Glockenspiel, Xylophon und selbstverständlich Geige. Während er übt, sehe ich aus dem Fenster und stelle fest, dass bei den Nachbarn der Möbelwagen angekommen ist. Die ziehen doch nicht etwa um? Dabei sind die doch erst eingezogen? Seltsam...
Die Woche geht weiter. Säuglingsballett und Jodelkurs, Handball und Klavierunterricht. Man will den Kindern ja etwas bieten. Außerdem Leichathletik in Form von Wettkrabbeln, Wettstrampeln am Reck und dergleichen. Beim Baby-Yoga entspannen wir gemeinsam. Während wir "Ommmmm" sagen, wechseln wir im Schneidersitz sitzend Windeln und suchen in uns das Qi. Dann erzählt mir eine Freundin doch glatt, dass sie zu Pekip geht. Da wird das Baby wahrgenommen, die Entwicklung begleitet und gefördert und die Beziehung zwischen Baby und Eltern vertieft. Meine Güte, was bin ich doch für eine Rabenmutter! Bei all dem Programm und der Rundumbespaßung haben wir gar nicht daran gedacht, die Bindung zwischen und zu verbessern. Aber zum Glück gab es noch einen Platz. Puh! Frühkindliche Förderung ist gerettet.

1 Kommentar:

  1. traurig aber wahr... die KITA, die wir zuerst wollten hatte keinen Platz mehr, obwohl wir uns da gemeldet hatten, bevor Maxi auf der Welt war!!! Da muss man wohl wirklich vor der Kinderplanung schon ein Platz reservieren.

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