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Samstag, 19. September 2015

Erlebnisbericht eines Sommersprosses - Teil I

So, jetzt melde ich mich auch mal zu Wort. Ich bin der Sommerspross und sogar schon stolze acht Wochen alt. Meine Tage sind außerordentlich spannend: schlafen, an Mamas Milchbar abhängen, pupsen, schlafen, mit dem Mobile spielen und dann das Ganze wieder von vorne. Am Sichersten fühle ich mich bei Mama oder Papa auf dem Arm. Die passen nämlich auf mich auf. Um uns herum gibt es jede Menge andere Menschen, die auch meinen, auf mich aufpassen zu müssen. Da wird Mama meistens ganz schön wütend. Sie lässt es sich aber nicht anmerken, aber wenn es einer merkt, dann bin das ja wohl ich. Schließlich war ich neun Monate lang in ihrem Bauch und kenne sie in- und auswendig. Sie weiß aber trotzdem leider nicht immer, was ich will. Das verstehe ich nicht, aber das ist ein anderes Thema. Denn es gibt um uns herum Menschen, die mich total gut kennen. Das meinen sie zumindest. Sie geben nämlich immer Ratschläge und versuchen Mama und Papa mit ihren Tipps bei meiner Erziehung zu helfen. Erziehung? Weiß ich nicht, was das ist. Klingt auch nicht so, als würde es mir gefallen...
Jedenfalls: Vor einer Woche war ich mit Mama und Papa auf einer Hochzeit. Papas Cousine ist jetzt unter der Haube, und das wurde natürlich groß gefeiert. Mir war es viel zu warm und überhaupt: Dieser blöde Pullunder hat gekratzt wie doof. Dann war auch noch die Windel voll, ekelhaft, sag ich euch! Kein Wunder, dass ich gequäkt habe. Mama ist mit mir in den Park gegangen. Nur sie und ich, so saßen und lagen wir dann unter einem Baum. Das war schön. Später muss ich wohl auf ihrem Arm eingeschlafen sein. Das ist aber auch ein toller Ort. Schön warm und gemütlich. Da habe ich die süßesten Träume. Von ganz fern hörte ich irgendwann eine Stimme: "Soll ich ihn dir mal abnehmen?" Hä, was, wie? Nein, ich liege hier ganz gut. Dann folgte die nächste Frage: "Willst du ihn nicht mal in den Kinderwagen legen?" Nein, bitte nicht. Da ist nur so ein doofes Stofftier. Vollkommen unpersönlich und überhaupt nicht warm und gemütlich. Zum Glück hat Mama verstanden, dass ich kein Bedürfnis verspürte, von einem Verwandten zum nächsten rumgereicht zu werden. Und dass ich mit dem doofen Wagen erst recht nichts anfangen kann, haben Mama und Papa schnell kapiert. Ich habe es laut und deutlich gesagt. Und schwupps, schon bin ich wieder auf dem Arm. Dann wieder die Frage: "Darf ich ihn mal nehmen?" Hallo, ich schlafe immer noch. Sieht das denn niemand? Ich mache mich ganz schwer, kneife die Augen noch mehr zusammen und gebe ein zartes Schnarchen von mir (das übrigens viel süßer ist als das von Papa. Aber das darf ihm niemand sagen). Mit einem Mal merke ich, wie mir jemand in die Wangen kneift. Autsch, das tut vielleicht weh! "Och, ist der süüüüüüüüüüüß. Das ist aber ein Wonneproppen." Wonneproppen, ich geb euch gleich. Gekonnt pupse ich in meine Windel und ein leichter Duft nach saurer Milch entfleucht. Schnell entfernt sich der oder die Wangenkneifer. Ich weiß mich schon zu wehren.
Hm, ich muss wohl richtig eingeschlafen sein. Bestimmt zehn Stunden oder so. Jedenfalls wache ich im ungeliebten Kinderwagen auf und mein Magen ist leer. Boah, habe ich einen Hunger. Das sind richtige Schmerzen in meinem Bäuchlein. Sollte schnell gefüllt werden. Ich schmatze ein wenig vor mich hin, um auf mein Bedürfnis aufmerksam zu machen. Nichts passiert. Dann quäke ich kurz. Mama reagiert. "Pelle hat Hunger." Um sie herum beginnen Stimmen zu diskutieren. "Ach, renn doch nicht immer gleich hin, wenn er sich meldet." Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Mama die Augen verdreht. Sie nimmt mich auf den Arm. Wieder die anderen Stimmen. "Nimmst du ihn immer gleich auf den Arm, wenn er weint?" Ich merke, dass Mama innerlich brodelt. "Er hat Hunger", sagt sie relativ kurz angebunden. "Lass ihn doch mal quäken", sagt eine andere Stimme. "Du verwöhnst ihn sonst." Bitte was? Hallo, ich hab Hunger!?!?! Mama klingt genervt, was vielleicht auch daran liegt, dass mein leises Quäken lauter und bestimmter wird. "Ein Kind braucht Sicherheit und Nähe", erklärt Mama sehr bestimmt. Gleichzeitig öffnet sie endlich für mich die Milchbar. Man, das wird ja auch Zeit. Wenn die Kommentare der anderen nicht wären, wär ich schon längst satt und zufrieden - und wir könnten mir endlich eine neue Windel verpassen. Die wäre wieder voll. Ich gebe Mama zehn Minuten Zeit, dann quäke ich wieder. Mal schauen, was die Umstehenden dazu so an schlauen Kommentaren zu sagen haben. Ich halte euch auf dem Laufenden...

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