Liebe Fenja,
In einem Jahr bist du seit vier Wochen Mama. Du hast bereits
einige schlaflose Nächte hinter dir, warst schon ein paar Mal kurz vor der
absoluten Verzweiflung, weil Pelle mit Bauchweh zu kämpfen hat.
Alles andere als ein Spaziergang ist auch die
Schwangerschaft. Monatelange Übelkeit, Unverständnis von anderen Menschen und
Rücksichtslosigkeit deiner Situation gegenüber. Dass Schwangerschaft keine
Krankheit ist, weißt du. Du kämpfst aber fünf Monate lang gegen Übelkeit und
versuchst trotzdem, keine Schwäche zu zeigen. Du wirst Sachen hören wie „Darauf
kann ich keine Rücksicht nehmen, es muss fertig werden“ und „Ich rede nicht
mehr mit dir, weil du dies und das nicht mehr machst“. Du wirst dich aber auch nicht unterkriegen
lassen und bleibst nach außen hin gelassen. Innerlich kochst du vor Wut und
hast Angst um dein Baby. Der Stress macht dir zu schaffen. Lass es einfach
raus, lass die Tränen raus und denke an dich. Opfere dich nicht für andere auf,
sondern denke nur an dein Baby. Dein erstes Baby, das Wunschkind von dir und
Alex. Sage den Menschen, was sie eigentlich in dir drin anrichten.
Das Stichwort Schwangerschaftsdiabetes ist ein großer
Bestandteil der Schwangerschaft. Der Nüchternwert des großen Zuckertestes ist
um fünf Punkte zu hoch. Das allerdings nur an einem Tag. Für deine Ärztin
trotzdem ein Grund, dich zum Diabetologen zu schicken. Du wirst von der
Arzthelferin zu hören bekommen „Stellen Sie Ihre Ernährung um“, obwohl sie
keine Ahnung hat, wie du lebst. Es macht dich so dermaßen wütend, dass du
stellenweise kurz vorm Platzen bist. Aber sei gewiss, so viele sind auf deiner
Seite. Freundinnen und vor allem dein Alex. Drei Wochen lang wirst du täglich
den Blutzuckerwert messen und keine Auffälligkeiten entdecken. Der Diabetologe
möchte dich trotzdem nochmal zu einem Gespräch sehen. Behalte deinen Willen und
deine Durchsetzungskraft bei. Denn du hast ein gutes Körpergefühl, du weißt,
was in dir vorgeht. Lass dich nicht verrückt machen von irgendwelchen Ärzten.
Sie werden die Fehldiagnose nicht einsehen und nicht nachvollziehen können,
dass der hohe Nüchternwert auf Stress und österliche Süßigkeiten zurückzuführen
ist. Du bist kerngesund. Du hast auch tolle Freundinnen und Hebammen um dich
herum, die dich mit Informationen rund um Schwangerschaftsdiabetes versorgen
und dich bestärken, dass es dir und dem Baby gut geht. Die zweite Meinung
einzuholen ist wichtig. Sei mutig und erkläre auch den Ärzten, dass sie ihre
Fehldiagnose zugeben sollen.
Viele Stunden wirst du dir Gedanken über die Geburt machen.
Du wirst viel lesen und dich informieren. Und du weißt die ganze Zeit „Das
haben andere auch schon geschafft“. Dir ist bewusst, dass eine Geburt mit
Schmerzen verbunden ist. Aber du weißt auch, dass du danach dein Baby im Arm
halten wirst. Diese Einstellung wird dir wahnsinnig helfen. Die Gelassenheit,
die du nach außen trägst, setzt sich nach einer Weile auch in deinem Innersten
durch. Du wirst keine Angst haben, die brauchst du auch nicht. Das Krankenhaus,
das du dir ausgesucht hast, wird sich als ideale Wahl herausstellen. Noch
besser, als du es dir vorgestellt hast. Deine Aussagen „ Das muss ich jetzt
durch“ und „Millionen Frauen haben das schon geschafft“ helfen dir. Der Optimismus
ist wichtig für dich und du gibst ihn nach außen weiter. Stellenweise ist die
Geburt sehr heftig und du fängst doch an zu zweifeln. Aber Alex ist bei dir,
steht dir bei, versorgt dich mit Wasser. Hinterher nennst du ihn deinen
persönlichen „Hebammer“. Als der Sommerspross endlich auf der Welt ist, meinst du, vor
Glück fast überschäumen zu müssen. Du bist müde, aber hin und weg, wenn du
dieses kleine Wesen anschaust. Und zwei Tage später ist dir auch schon klar:
„Ich möchte noch ein Baby.“
Bleib dir treu! Dein älteres Ich
Dieser Brief ist Bestandteil der Sommer-Blogparade auf www.hebammenblog.de mit der Aktion #meinbriefanmich
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen