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Mittwoch, 30. November 2016

Fummeln verboten

Bitte nicht anfassen! Nein, es geht jetzt nicht um das teure Porzellan von meiner Oma, die wertvollen Möbel im Schloss Sanssouci oder die Deko im Schnöselladen an der Bonzenpromenade. Die meisten Menschen halten sich bei Porzellan und teurer Deko auch an Verbotsschilder. Hier geht es vielmehr um zwei Lebewesen: die Muddis und ihre Kinder. Man stelle sich jetzt mal eine schwangere Muddi vor, die fröhlich ihres Weges läuft. Vielleicht schwankt sie schon ein wenig wie ein Schiff bei Seegang, vielleicht ist sie auch noch ziemlich beweglich. Ganz egal, das Objekt der Begierde ist auch nicht die werdende Muddi, sondern ihre Kugel, die sie glücklich vor sich herschiebt. Unweigerlich bleiben die Blicke von Passanten daran hängen, viele freuen sich mit der werdenden Familie. Soweit, so gut. Die Muddi betritt nun ein Geschäft. Binnen Sekunden stürmt eine Verkäuferin auf sie zu. Jedoch nicht, um sie zu beraten und ein Verkaufsgespräch zu führen. Stattdessen breitet sie die Arme aus, rennt mit nach vorne gestreckten Händen auf die Schwangere zu. PATSCH! "Ach, wie schön, Sie sind schwanger", ruft die Verkäuferin und befummelt den Bauch. Äh ja. Wie war das noch in dem einen Tanzfilm? Das ist dein Tanzbereich und das ist mein Tanzbereich. Oder um es etwas direkter zu sagen: Pfoten weg! Fummeln verboten. Es wäre jetzt auch schön, wenn man sich einfach trauen würde, etwas zu sagen. Vielleicht hilft als Gegenmaßnahme ein Griff an die Brust der Verkäuferin: "Oh, sind die echt? Nein? Wer war denn Ihr Chirurg?" Ob man sich dann noch in dem Geschäft blicken lassen sollte, ist eine andere Geschichte. Vor allem Damen über 55 sind für solche Übergriffe berühmt und berüchtigt. Ob die sich nach der Toilette die Hände gewaschen haben? Manches will ich gar nicht wissen.
Es geht aber noch weiter. Ist der Spross dann endlich auf der Welt, möchte jeder seinen Teil abhaben. Also, von den gut 3000 Gramm frisch geschlüpftem Menschlein. Die Füße, die Hände, alles ist "Sooooooooooo niiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiedlich" und "Darf ich mal anfassen". Quasi wie auf dem Grabbeltisch, wer zuerst die Finger dran hat, hat gewonnen. Vor allem an kleinen Babys haben Hand- und Fußfetischisten ihre große Freude. Da wird gekitzelt und gefummelt, dass es eine liebe Freude ist. Für die Fummler. Das kleine Näschen des Babys wird akribisch betastet, in die Blubberbäckchen gekniffen und der Kopf getätschelt. Muddis stehen meistens mit offenem Mund daneben und wissen so gar nicht mehr, wie ihnen und ihrem Nachwuchs gerade geschieht. Ringelpietz mit anfassen oder so ist wohl wieder in Mode gekommen. Übermütige Verwandte schnappen sich den wehrlosen Spross und zeigen ihn allen. Schließlich muss man ja zeigen, wer jetzt noch zur Familie dazu gehört. Das Gefühl der Muddi? In der Sekunde wehrlos. Später dann einfach nur noch wütend, wenn das Baby vor lauter Stress weint und weint und weint. Doch zum Glück gibt es Stift und Papier. "Achtung, Masern" hängt nun bei jedem Einkauf über dem Maxi-Cosi. Sind die abgeklungen, folgt gleich die nächste Warnung: "Ansteckende Hautkrankheit". Seitdem ist Ruhe.

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