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Dienstag, 15. Dezember 2015

Zwischen Theorie und Praxis

Das Mutterschutzgesetz hat die Aufgabe, die werdende Mutter und das Kind zu schützen. So lautet die Kurzzusammenfassung des Gesetzes, wie man es im Internet findet. Zumindest ist das die Theorie. Unsere Gesellschaft wird immer älter, da ist es doch Zeit für Kinder. Oder wie mein Göttergatte zu sagen pflegt, wenn ich von schwangeren Freundinnen berichte: "Endlich kriegen mal die Intelligenten Babys."...
Neun Monate hat man dann Zeit, sich auf das vollkommen veränderte Leben vorzubereiten. Man muss sich mit so Fragen auseinandersetzen wie Babykleidung, Treppenabsperrungen (für manch eine besorgte, nicht-schwangere Freundin ein wesentliches Grundelement), Kindersitz, stillen oder Fläschchen, Krankenhaus oder Hausgeburt, Info an die Krankenkasse,... Man hat also viel zu tun. Abende lang diskutieren die werdenden Eltern über Namen. Irgendwann müssen auch Arbeitgeber informiert werden. Deren Reaktionen sind unterschiedlich. Von freudig bis scheinheilig freundlich oder angenervt. Schließlich muss man ja Rücksicht nehmen - Sonn- und Feiertagsarbeit ist verboten, Nachtdienst,... so kommt einiges zusammen. Und so sitzt man als werdende Mutter vor dem Chef und sagt frei heraus "Ich bin schwanger". Die Reaktionen - unterschiedlich. Ich habe mal zusammen getragen, was mir andere Mütter berichtet haben.
- Er war ganz freundlich und freudig. Das übliche nette Blabla. Und: "Ganz überraschend kommts ja nicht." Nun gut, Frau Ende 20, seit Jahren liiert...War wohl absehbar. Probleme gab es bei der Freundin nicht.
- Eine andere berichtet von einer zwigespaltenen Reaktion. Freudiger Aufschrei und Glückwünsche. Was es aber bedeutet, nicht mehr alles machen zu können, zeigte sich erst im Laufe der Monate - denn zu gewissen Uhrzeiten soll die werdende Mutter laut Mutteschutzgesetz zuhause sein. Nachtarbeit usw. ist verboten. Zum Schutz von Mutter und Kind. Die Reaktion der Vorgesetzten: Weil Sie das und das nicht mehr machen, rede ich nicht mehr mit Ihnen. Genau und im Kindergarten spiele ich nicht mehr mit dir.
- Eine weitere Freundin berichtet, dass ihr Chef mit einem kühlen "Herzlichen Glückwunsch" reagierte. Wochen später zeigte er beim größten Abschlussstress auf ihren größer werdenden Bauch und sagte "Ich bin hier für die Zahlen verantwortlich und nicht dafür." Rücksicht? Null.
- Eine andere schreibt mir: Meinem ist kurz das Gesicht entgleist, weil er wohl nicht damit gerechnet hat. Dann hat er aber herzlich gratuliert. In den nächsten Monaten hat er mich immer wieder gefragt, wie er mich ersetzen soll. Das war aber als Wertschätzung meiner Arbeit zu verstehen. Er hat sich nie negativ geäußert oder blöd geäußert. Zum einen liegt das natürlich daran, dass ich in einem großen Unternehmen arbeite, und da gibt es einfach Standardregelungen. Zum anderen ist mein Chef schon etwas älter und daher wahrscheinlich entspannter.
- Noch ein schöner Bericht:
Ich habe ja erst noch studiert. Dann habe ich die Stelle angeboten bekommen. Als der damals zukünftige Chef von meiner Schwangerschaft erfuhr, bot er mir zur Entlastung an, dass ich nur 50% arbeiten könnte und er für die anderen 50% noch jemanden sucht. Ich hätte auch die ganze Stelle haben können, habe mich aber für die Teilzeitstelle entschieden. Der Chef ist mir auch soweit entgegen gekommen, dass ich in meinem ersten Semester dort (knapp 3 Monate nach der Geburt) noch nicht lehren musste.
Kurz gesagt, schöne und nicht-schöne Reaktionen. Manches stimmt ganz schön traurig. So auch noch eine Reaktion: Ich kann auf dich keine Rücksicht nehmen (vorzeitige Wehen). Das Projekt muss fertig werden. Dem gegenüber stehen freudige Reaktionen und auch Unterstützung, wenn es mal nicht gut ging. Krass irgendwie.

Was man darf und was nicht, steht beispielsweise hier: http://www.gesetze-im-internet.de/bundesrecht/muschg/gesamt.pdf


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