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Sonntag, 26. Februar 2017

Dutzi dutzi teita

Die ersten Worte eines Kindes merkt man sich immer. Ob nun Ball, Papa oder Katze - das erste Wort wird aufgeschrieben. Unermüdlich versuchen wir auch, unserem Sommerspross die Freuden der Sprache beizubringen. Selbstverständlich mit der Betonung darauf, dass es als und nicht wie heißt, der Fuß nicht nur Fuß ist, sondern auch Bein hat und der Dativ dem Genitiv sein Tod ist. Natürlich versteht der Sommerspross das schon alles und antwortet in grammatikalisch einwandfreien Sätzen, die nicht mehr mit Rotstift korrigiert werden müssen. Wenn da nicht die liebe Verwandtschaft wäre. Die tut ja auch alles, um dem Kind ebenfalls das Sprechen beizubringen. "Tick-tack gucken?", wird der kleine Knopf gefragt. Er sieht etwas ratlos aus und entgegnet dann vorsichtig, ob denn die Wanduhr von der Ururgroßmutter gemeint sei, die gerade 15 Uhr geschlagen hat. "Ja, Tick-tack", heißt es wieder. "Sommerspross gucken?" Er schüttelt verwirrt den Kopf, schlägt in seinem Wörterbuch Erwachsene-Kinder nach und liest: Bei unklaren Äußerungen erwachsener Menschen einfach nicken, brabbeln und fröhlich glucksen. Wird der Sommerspross am Ende eines solchen Besuches abgeholt, wundert sich die stolze Mama natürlich, warum die sorgsam eingebleute deutsche Sprache wieder auf Normalnull gesunken ist. Ähnliche Szenarien spielen sich bei anderen Verwandten ab. Man möchte mit dem Sommerspross spazieren gehen. Es geht immerhin um den täglichen Bedarf an Vitamin D, der unbedingt gedeckt werden sollte. "Teita gehen?", wird der Sommerspross gefragt. Der steht etwas ratlos in der Weltgeschichte herum und fragt sich wahrscheinlich, mit welchen sprachlichen Faux-Pas er nun konfrontiert wird. "Oder ata?", wird die Frage noch ein wenig ausformuliert. Das Wörterbuch sagt dem Sommerspross, dass Ata in der Regel ein Putzmittel ist, um Waschbecken im heimischen Badezimmer wieder strahlend rein zu wienern, unter Umständen und bei besonders schweren Fällen sprachlicher Verwirrtheit erwachsener Personen auch ein Synonym für Spaziergang ist. Dem Sommerspross raucht der Kopf. Immer diese Simultanübersetzung im Kopf. Und das noch ohne abgeschlossenes Hochschulstudium. Daher hofft der Sommerspross, dass die sprachlichen Defizite der Erwachsenen in seinem Umkreis zumindest bis zu seiner Einschulung passé sind und seine neuen Schulfreunde zumindest mit einem ganz normalen "Moin Moin" und nicht "Dutzi dutzi" begrüßt werden. Ein bisschen Hoffnung besteht ja noch.

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