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Freitag, 12. August 2016

Als Krönung ein Bier

Ausgang! Ich! Alleine! Einen ganzen Abend - es ist ja durchaus ein seltenes Vergnügen. Kein Wunder, dass dem Ereignis "Mad Caddies in Frankfurt" regelrecht entgegen gefiebert wurde. Mit zwei anderen Freunden wollte ich mich auf den Weg in die Finanzstadt machen. Früher sah das so aus: Konzertoutfit (möglichst keine weißen Schuhe, da Pogogefahr), Bierchen für den Weg und rein ins Vergnügen. Nun, das letzte Konzert ohne Kind ist schon eine Weile her, seither haben sich die Bedingungen geringfügig geändert. Abfahrt nach Frankfurt: 17.30 Uhr. Allein das grenzt schon an eine organisatorische Höchstleistung, denn was tun, wenn der Göttergatte da noch nicht zuhause ist? Ungefähr eine Stunde gilt es zu überbrücken. Oma und Opa - alle unterwegs. Tanten und Onkel - arbeiten. Nachbarin - auch nicht da. Doch es findet sich jemand, der das Betüddeln nur zu gerne übernimmt. Also lade ich das Auto mit Kind und Kegel. Kind ist in der Regel schnell eingepackt, Schuhe an, Jacke an und los. Schnulli vielleicht nicht vergessen, wobei der ja schon wieder zum Bereich Kegel gehört. Der Bereich nimmt für eine einstündige Babysittersession eine ganze To-Do-Liste in Anspruch: Windeln, Feuchttücher, Kleenex und Wickelunterlagen sind ja das Standardprogramm der gut organisierten Mutter. Eine kleine Auswahl Spielzeug (Auto, Krachmacherbuch und wahlweise Bauklötze u.ä.) sollte ebenfalls nicht fehlen. Damit der arme Sommerspross nicht verhungert, packe ich fürsorglich einen Knust Brot, Babykekse, Fläschchennahrung, Wasserflasche und noch ein bisschen Melonenschnitze in den mittlerweile gut gefüllten 50-Liter-Backpackerrucksack. Um den Sprössling auch vom Papa sicher abholen zu lassen, sollte der Ersatzkindersitz ebenfalls beim Babysitter deponiert werden. Der hat für diesen Tag extra das zweite Wohnzimmer geräumt, um auch ja genügend Platz für alles zu haben. Bei schönem Wetter und eventuellem kurzen Aufenthalt empfiehlt die Profi-Helikopter-Muddi zudem, noch einen Sonnenhut und Creme mit Lichtschutzfaktor 50 einzupacken. So sollte zumindest nichts schiefgehen in der einen Stunde, bis der Papa kommt. In der Zeit flitze ich nach Hause, gehe ALLEINE duschen und warte auf den charmanten Fahrdienst nach Frankfurt. Der Abend kann beginnen. Endlich! Zur Feier des Tages trinke ich ein Bier (ohoooo). Aber nur eins, ich will ja nicht gleich übertreiben. Um das große Glas (ein ganzer halber Liter) leerzubekommen, brauche ich ewig. Ich bin es wohl nicht mehr gewohnt. Meine Mitkonzertbesucher sind da schon professioneller drauf. Hinterher brauche ich erstmal ein Wasser. Ein kurzer Blick aufs Handy: Was macht der Sommerspross? Der Papa schickt mir ein Bild, wie der kleine Mann genüsslich Fernbedienungen zerlegt, Brötchen matscht und wohl schon den Schlafanzug anhat. Prima. Es läuft alles. Nach der Vorband der nächste Blick aufs Telefon: Wann kommst du? Das sieht schon weniger rosig aus, denn mittlerweile ist es halb zehn. In der Regel schläft der Sommerspross da seit zwei Stunden. Was ist los, möchte ich wissen. Ich frage nicht umsonst, lautet die Antwort. Meine beiden Kumpels grinsen sich einen ab. Einer schlägt vor, ich solle schreiben, dass wir die Nacht in Frankfurt bleiben. Na gut, das schreibe ich dann doch nicht. Eine halbe Stunde später die erlösende Nachricht: Er pennt. Prima, jetzt fangen auch endlich die Mad Caddies an.



Vor der Bühne wird gepogt, wir fragen uns zwischendurch, ob wir nicht doch zu alt sind für so etwas. Dieser kleine Anflug von Altersidiotie lässt ziemlich schnell nach und wir genießen den Abend. Singen mit, tanzen und vergessen den Alltag komplett. Wir drehen richtig durch und haben jede Menge Spaß, lassen uns von der Musik treiben, singen die Texte mit, singen Soli mit und gehen ganz drin auf. Kein Wunder, dass wir danach fix und alle sind. Aber ein kleines Bierchen danach - die anderen ja, ich halte mich an Wasser. Die Mamarolle rückt schließlich wieder näher. Von der Heimatfront kommt ein Foto. Der Papa sieht ziemlich k.o. aus, der Sommerspross schläft aber friedlich. In seinem Arm wohlbemerkt. Noch ein letzter Wink in Richtung Band und wir machen uns auf den Heimweg. Mit einem ziemlich schlechten Gewissen schließe ich um halb 2 Uhr nachts die Haustür auf. Innen drin: gespenstische Stille. Der Sohnemann pennt, dockt im Halbschlaf nur an mir an und schläft seelenruhig weiter. Es scheint ihn nicht zu stören, dass Mama heute nicht nach Mamaparfüm und Milchi riecht, sondern eine Mischung aus Schweiß, Bier und Konzertatmosphäre mitbringt. Die Wirkung des freien Abends hält bei mir noch lange an, ich bin tiefenentspannt, habe lange noch die Musik im Ohr, die Klänge, das Feeling. Müdes Kind? Kein Problem, ich singe im Kopf ganz entspannt "Drinkin' for 11". Quengeliges Kind? Dagegen hilft "Distress". Es tut gut. Vorsichtig frage ich meinen Göttergatten, ob ich nochmal so auftanken kann. Er guckt ein bisschen entsetzt. Na gut, ich frage in drei Monaten nochmal...

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