Von einer Gastautorin
Neulich im Muddisport. Die Mama neben mir packt zum dritten Mal ihre Brüste aus, um ihr fast acht Monate altes Mädchen zu stillen. Dabei dauert der Sport bloß 50 Minuten. Und die Kleine macht weder einen hungrigen noch einen liebebedürftigen Eindruck. Sie schaut eher so aus, als langweile sie sich, ein bisschen müde wirkt sie auch, reibt sich die Augen. Klar, Muddi hüpft fröhlich durch die Gegend, während ihre Tochter allenfalls ein wenig herumkrabbelt. Spielzeug hat sie auch keines dabei. Öde! Gegen Ende des Kurses liegt das Kind schlaff wie ein Sack auf der Mama – der Moment, in dem diese es zum dritten Mal anlegt. Die Kleine nuckelt wenige Sekunden. Hinterher hängt sie wieder wie ein nasser Sack auf der Mama herum.
An diesem Nachmittag habe ich mich erneut gefragt, warum
Frauen ihre Babys so oft stillen. Haben die Kleinen permanent Hunger? Können
sie nur getröstet werden, wenn sie angelegt werden? Auch im Rückbildungskurs
bekamen die Kinder die Brust, sobald sie etwas herumgejammert haben.
Beim Thema Stillen bin ich zur neugierigen Beobachterin
geworden. Meine Tochter wurde nie gestillt. Die Tage nach ihrer Geburt war sie
trinkfaul. Sie schlief so fest, dass sie alle drei Stunden geweckt werden
musste. Hing sie dann nicht komatös an der Brust, strampelte sie und schrie.
Mit jeder neuen Säuglingsschwester kam ein neuer Ratschlag, wie eine Mutter ihr
Baby am besten anlegt. Geholfen hat keiner, die Stillversuche blieben für uns
beide eine grausame Prozedur. Leichter tat die Kleine sich mit der Flasche. Sie bekam
abgepumpte Muttermilch plus Säuglingsmilch, damit sie satt wurde. Seit dem
dritten Monat trinkt sie ausschließlich Säuglingsmilch – abpumpen kostet
wertvolle Zeit –, inzwischen futtert sie auch fleißig Brei.
Letztlich finde ich das alles gar nicht tragisch. Im
Gegenteil, die Flasche hat viele Vorteile: Die meisten Flaschenbabys, die ich
kenne, haben nach kurzer Zeit durchgeschlafen. Meine Kleine schafft seit der
zehnten Woche bis zu neuneinhalb Stunden am Stück. Seit zwei Wochen gibt es immer
wieder Nächte, in denen sie gar nichts möchte und bis morgens um 7 Uhr
schlummert. Herrlich! Eine gute Bekannte hat mir vor Kurzem erzählt, dass sie
nachts jede Stunde stillt, weil ihre Tochter ständig Hunger hat.
Meine Kleine isst sich an einer Portion satt und nuckelt
nicht gefühlt jede halbe Stunde an der Brust. Mit der Flasche sehen die Eltern
nämlich die Menge Milch, die ihr Baby benötigt. Das erleichtert das Füttern zu
relativ gleichen Uhrzeiten. Es bleibt mehr entspannte Zeit zum Schmusen und Spielen.
Außerdem gibt die Flasche Müttern ein Stückchen Freiheit
zurück. Jeder kann den Nachwuchs füttern, Papa, Oma, Opa, Tante, Onkel. Und
Muddi kann weggehen, ohne dass ihre Brüste platzen, oder das Kind zuhause in
den Hungerstreik tritt, weil es keine Lust auf die Flasche hat. Jene Bekannte,
deren Kind zurzeit einer Raupe Nimmersatt gleicht, war vergangene Woche zum
ersten Mal seit fünf Monaten wieder allein abends unterwegs. So alt ist ihre
Tochter.
Letztlich sollte es aber eigentlich egal sein, ob eine
Mutter ihr Kind stillt oder es mit der Flasche füttert. Groß werden sie alle,
und ihr Glück hängt nicht von der Art der Nahrungszufuhr ab. Flaschenmamas
scheinen allerdings toleranter zu sein als Stillmamas. Wenn meine Kleine weint,
erlebe ich immer wieder, dass Mütter mich vorwurfsvoll anstarren, nach dem
Motto: „Jetzt leg' die Kleine doch endlich an!!!“ Weil ich sie dann auf dem Arm
herumschunkle, statt die Brust auszupacken. Weil Maja müde ist, statt hungrig.
Oder weil ich dann mit ihr spiele, statt die Brust auszupacken. Weil Maja
langweilig ist statt hungrig. Dem vorwurfsvollen Blick weicht aber ganz schnell
ein blasses Gesicht. Ich erzähle einfach, dass meine Tochter seit Monaten
durchschläft.
Von mir. Einer Stillmuddi.
Fakt für mich war vor der Geburt: Ich will stillen, immerhin ist es die natürlichste Art, sein Kind zu ernähren. Klar war für mich aber auch, dass ich weder mich noch mein Kind unter Druck setzen will. Tiefenentspannung und alles ganz locker angehen, das war die Devise. Nun gut, die Sache mit dem Milcheinschuss war wirklich nicht so der Brüller. Dagegen geholfen haben kühle Umschläge mit Spitzkohl. Ein bisschen fühlte ich mich wie eine Kohlroulade. "Da kommt Dolly Buster", nannten mich die Schwestern im Krankenhaus. So kam ich mir auch vor, nur dass es statt Silikon und Kunst eben Milch und Hormone waren. Eine Nacht haben sich der Sommerspross und ich um die Ohren geschlagen, ich habe ihn immer und immer wieder angelegt und dann hatten wir es endlich kapiert. Damit wurde ich zur Stillmuddi. Vollzeitstillmuddi. Milchbar. Manchmal gefühlt Milchkuh. Und warum? Wo immer ich auch bin, habe ich alles dabei. Die Milch ist wohltemperiert, gleich zur Stelle und das Einzige, das ich tun muss, ist kurz am T-Shirt zu ziehen. Ich muss nicht erst Pulver in viel zu heißes Wasser kippen, warten, bis es Trinktemperatur hat, kaltes Wasser nachkippen, zwischendurch das Kind trösten, weil es immer noch nicht losgeht... Nee, dann doch lieber überall das T-Shirt hochziehen: auf dem Feldweg, auf dem Rücksitz des Autos, auf irgendwelchen Treppen in Parkhäusern, im Restaurant des Pflanzenfachgeschäftes um die Ecke oder am Straßenrand. Der August des vergangenen Jahres war verdammt heiß. Kein Wunder, dass ich nachts zwei Liter Wasser getrunken habe. Der kleine Mann hatte natürlich auch oft Durst, bei 28 Grad im Schlafzimmer kein Wunder. Nachts alle zwei Stunden aufstehen und Flasche richten? Nö, Shirt hochziehen, andocken lassen und weiterschlafen. Das alles geschieht manchmal unterbewusst und ich bekomme es gar nicht mit. Mittlerweile ist der Kleine so fit, dass er sich selbst bedient. Ich wache lediglich irgendwann auf, weil der junge Mann das Shirt nicht mehr zumacht. Hinterher abwaschen oder irgendwas sterilisieren? Brauch ich nicht. Immer danach schauen, ob noch genug Milchpulver da ist? Nicht notwendig, die kostengünstige Variante hab ich immer selbst dabei. Natürlich, mein Kind und ich sind eng aneinander gebunden. Mein Tag richtet sich nach ihm. Ein Nachteil? Nein, denn ich genieße es. Ausgang? Habe ich trotzdem, bin ein- bis zweimal pro Woche weg. Falls der Sommerspross dann Hunger hat, bekommt er die Flasche. Da ist sie dann doch wieder ganz praktisch, wie ich ehrlich zugebe, und eine gute Alternative.
Von mir. Einer Stillmuddi.
Fakt für mich war vor der Geburt: Ich will stillen, immerhin ist es die natürlichste Art, sein Kind zu ernähren. Klar war für mich aber auch, dass ich weder mich noch mein Kind unter Druck setzen will. Tiefenentspannung und alles ganz locker angehen, das war die Devise. Nun gut, die Sache mit dem Milcheinschuss war wirklich nicht so der Brüller. Dagegen geholfen haben kühle Umschläge mit Spitzkohl. Ein bisschen fühlte ich mich wie eine Kohlroulade. "Da kommt Dolly Buster", nannten mich die Schwestern im Krankenhaus. So kam ich mir auch vor, nur dass es statt Silikon und Kunst eben Milch und Hormone waren. Eine Nacht haben sich der Sommerspross und ich um die Ohren geschlagen, ich habe ihn immer und immer wieder angelegt und dann hatten wir es endlich kapiert. Damit wurde ich zur Stillmuddi. Vollzeitstillmuddi. Milchbar. Manchmal gefühlt Milchkuh. Und warum? Wo immer ich auch bin, habe ich alles dabei. Die Milch ist wohltemperiert, gleich zur Stelle und das Einzige, das ich tun muss, ist kurz am T-Shirt zu ziehen. Ich muss nicht erst Pulver in viel zu heißes Wasser kippen, warten, bis es Trinktemperatur hat, kaltes Wasser nachkippen, zwischendurch das Kind trösten, weil es immer noch nicht losgeht... Nee, dann doch lieber überall das T-Shirt hochziehen: auf dem Feldweg, auf dem Rücksitz des Autos, auf irgendwelchen Treppen in Parkhäusern, im Restaurant des Pflanzenfachgeschäftes um die Ecke oder am Straßenrand. Der August des vergangenen Jahres war verdammt heiß. Kein Wunder, dass ich nachts zwei Liter Wasser getrunken habe. Der kleine Mann hatte natürlich auch oft Durst, bei 28 Grad im Schlafzimmer kein Wunder. Nachts alle zwei Stunden aufstehen und Flasche richten? Nö, Shirt hochziehen, andocken lassen und weiterschlafen. Das alles geschieht manchmal unterbewusst und ich bekomme es gar nicht mit. Mittlerweile ist der Kleine so fit, dass er sich selbst bedient. Ich wache lediglich irgendwann auf, weil der junge Mann das Shirt nicht mehr zumacht. Hinterher abwaschen oder irgendwas sterilisieren? Brauch ich nicht. Immer danach schauen, ob noch genug Milchpulver da ist? Nicht notwendig, die kostengünstige Variante hab ich immer selbst dabei. Natürlich, mein Kind und ich sind eng aneinander gebunden. Mein Tag richtet sich nach ihm. Ein Nachteil? Nein, denn ich genieße es. Ausgang? Habe ich trotzdem, bin ein- bis zweimal pro Woche weg. Falls der Sommerspross dann Hunger hat, bekommt er die Flasche. Da ist sie dann doch wieder ganz praktisch, wie ich ehrlich zugebe, und eine gute Alternative.
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