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Montag, 2. Oktober 2017

Die Katze und der Sommerspross

Schon vor unserem Sommerspross hat eine kleine, dicke Katze mit zu kurzen Beinen und einem unstillbaren Hunger unser Leben bereichert. Wir wussten bereits, wie es ist, morgens aus dem Bett geworfen zu werden, weil schön läääääängst Frühstückszeit war. War die Schlafzimmertür geschlossen, kratzte unsere Hexe an der Tür. War sie offen - Gnade uns! Sie hüpfte auf uns herum, zog, zerrte, maunzte und gab deutlich zu verstehen, dass es jetzt aber wirklich Zeit für einen kleinen Snack oder ein größeres Festmahl wäre. Etwa acht Jahre war sie alt, als Hexe bei uns landete. Ihr Vorbesitzer war ein Alkoholiker, der damals, 2008, aus seiner Wohnung rausflog. So kam die kleine Katze zu uns. Und wir liebten sie. Als dann vor zwei Jahren der Sommerspross kam, war sie durchaus sehr skeptisch. Immerhin war sie zu diesem Zeitpunkt schon eine alte Dame, eine sehr alte Dame. Und dann ständig dieses brüllende, unselbstständige kleine Etwas, das sonderbare Geräusche von sich gab und nicht in der Lage war, sich selbst auch nur eine einzige Maus zu fangen. Gleichzeitig mit den Kinderarztbesuchen mit Impfungen und U3 bis XY bemerkten wir, dass wir auch deutlich öfter mit unserer Seniorin zum Arzt mussten. Diagnose: Niereninsuffizienz und beginnende Herzinsuffizienz. Vier Präparate täglich verabreichten wir unserem Vierbeiner, darunter viel Homöopathie. Und siehe da: Sie rappelte sich nochmal auf. Je größer unser Sommerspross wurde, umso mehr fand er auch Interesse an anderen Erdenbewohnern. Vorsichtig ausgedrückt: er zeigte Hexe, dass er durchaus Sympathie für sie empfand.
Mit Snacks versuchte unser Sommerspross, die Freundschaft von Hexe zu erkaufen. In der Hoffnung, dass sie seine manchmal durchaus auch unsanften Spielmethoden vergisst. Eines seiner ersten Worte war neben "Ka" für Kaffeemaschine auch "Tzetze" für Katze bzw. "Heche" für Hexe. Gesundheitlich ging es mit Hexe weiter bergab, mehrmals dachten wir, dass sie die folgende Woche nicht überlebt. Aber sag das mal einer Katze, die sich 17 Jahre lang gegen Menschen, andere Katzen und bellende Vierbeiner durchgesetzt hatte. Weiterhin verlangte sie morgens pünktlich ihr Fresschen. Für den Sommerspross ein großes Vergnügen, denn seine sprachlichen Fähigkeiten (das muss ich als stolze Mama natürlich sagen) nehmen ja stetig zu. Wenn morgens also die Katze maunzte, wachte der Sommerspross auf und verkündete freudestrahlend "Katze fusser". Katze füttern! Jetzt! Sofort! Nein Mama, nein Papa, nicht schlafen, "Katze fusser". Also die Treppe noch vollkommen verschlafen runtertapsen und dem Sommerspross hinterherrennen. "Ich fusser geben. Selbst massen. Nein, IIIICHHHH!" Zielgerichtet griff er nach der Dose und versuchte, sie zu öffnen. Ein klein wenig Hilfe und ein fröhliches Kind verkündete, dass er jetzt die Katze gefüttert habe.
In den letzten Wochen merkten wir, dass Hexe kontinuierlich abbaute. Und dann rührte sie das Futter kaum noch an, ihr Bauch sah innerhalb von zwei Tagen aufgeschwemmt aus. Ab zum Tierarzt. Dort sagte man uns, dass der ganze Bauch voller Wasser sei, am Herz ein schwarzer Schatten und wir die Katze nicht mehr über das Wochenende bringen würden. Schluck! Mein Göttergatte musste dann nachmittags nochmal zum Tierarzt, um Hexe auf ihrem letzten Weg zu begleiten. Nun, wie bringt man das einem Zweijährigen bei? Ich saß mit ihm vor dem Katzenkorb und erklärte ihm, dass Hexe sehr krank ist und sie jetzt wegfährt. Sie wird einschlafen und dann im Katzenhimmel sein, wo sie immer dicke Mäuse vor der Nase hat. "Tschüss Katze", sagte der Sommerspross. Damit war es für ihn in Ordnung. Begraben haben wir sie im Garten, und unser Sohnemann weiß, dass Hexe dort unter einem Stein schläft. "Katze tschüss sagt", erklärte er mir zwei Tage danach. Eine Woche später wachte er aber morgens auf und wollte Hexe füttern. Ich zeigte ihm, dass der Fressplatz leer ist und Hexe doch so krank war. "Aso", sein Kommentar. "Katze Himmel schläft jetzt. Dicke Mäuse."

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