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Montag, 16. Januar 2017

Superwoman

Immer wieder laufen sie einem über den Weg: Diese scheinbar perfekten Mütter. Spielerisch meistern sie den Alltag zwischen Kind(ern) erziehen und Haushalt, Ehemann beglücken, kochen, putzen und Kaffeetrinken. Dazu sind sie topgestylt, frisiert, geduscht und grinsen dich mit einem Colgate-Lächeln an. Pünktlich steht das Essen auf dem Tisch, und wenn wir diese Vorzeigemuttis besuchen, liegt kein Spielzeug auf dem Boden herum, die Kinder haben perfekte Manieren und matschen ihr Essen nicht. Natürlich schläft der Nachwuchs durch (es ist ja auch das Wichtigste auf der Welt, sollte man meinen). Die Figur aus der Zeit vor der Schwangeschaft ist längst zurück, und diese Supermuttis sehen sogar noch besser aus als vorher. Und dann gibt es noch uns, die Normalos. Mit etwas Glück schaffe ich es morgens, meine Haare zu kämmen und vorher sogar zu duschen. Frisur danach? Muddistyle: irgendwie zusammengeknuddelt mit einem ausgeleierten Haarband. Passt! Reicht wieder bis zum nächsten Besuch im Bad. Dann folgt der ultimative Kampf mit der Zahnbürste. Nein, ich kann meine Zähne putzen. Es geht um den Sommerspross. Manchmal putzt er voller Begeisterung, dann ist es wieder der Kampf David gegen Goliath. Und ich sage euch: der kleine Mann hat eine enorme Kraft, wenn er nicht will. Irgendwie schaffen wir es dann doch, die kleinen spitzen Beißerchen ansatzweise zu putzen. Wenn ich dann einige Zeit später auf andere Freundinnen treffe, sprechen die mich meistens noch auf die Zahnpastakrümel auf meinem Shirt an. Na gut, immerhin habe ich den Mund vom Sommerspross noch mit einem Waschlappen gesäubert und er sieht top aus. Oh, oder doch nicht? Auf seinem Pulli klebt noch eine Spur Hirsekringel mit Brezelmatsch. Ja, das war sein Frühstück. Etwas anderes wollte er nicht. Ach, und dein Vorzeigekind hat anstandslos den Hirse-Früchte-Brei mit Goji-Beeren gegessen? Schön! Nachmittags bekommen wir Besuch.Achtung! Entweder stolpert man an der Haustür über unsere kleine, etwas tapsige Katze oder über einen Spielzeugbagger oder ein Auto oder einen Hausschuh oder über eine leere Flasche, die der Sommerspross voller Freude aus dem ersten Stock über die Absperrung runtergeschmissen hat. Das kracht nämlich so schön! Findet er. Ich weniger, aber wir Normalomuddis werden ja nicht gefragt. Bei der folgenden Kaba-Waffel-Schlacht sind alle anwesenden Kinder der Normalomuddis anschließend badewannenreif. Die Kabaflecken zieren nicht nur die Shirts, Hosen und natürlich die niedlichen kleinen Kinderschnuten. Auch unser Parkettboden (Perlen vor die Säue, glaubt mir) wollte etwas von dem leckeren Kaba haben. Rund um den Tisch sind nämlich kleine Flecken. Abwechselnd hauen sich die anwesenden Kinder irgendwas gegenseitig an den Kopf, schubsen sich vom BobbyCar ("Ich jetzt!"), zwicken sich, weil der Bagger jetzt unbedingt in den Besitz des anderen Kindes übergehen muss, brüllen, heulen und stampfen mit den Füßen auf, weil die Turnstunde über das Sofa heute wieder nicht stattfinden darf. Auch ein, zwei perfekte Kinder sind da. In schneeweißen Shirts und Bügelfaltenhosen sitzen sie am Tisch, krümeln nicht, kleckern nicht und ihre Muddis machen begeistert Fotos. Das sind dann solche, die in sozialen Netzwerken hochgeladen werden: "Schaut mal, wie perfekt mein Kind ist." Währenddessen fragen sich eine Freundin und ich, wann wir eigentlich das letzte Mal beim Friseur waren. Der Ansatz ist schon etwas herausgewachsen und die Spitzen schreien förmlich nach einer Schere. Zeit für einen Friseurbesuch? Nein. Sind irgendwann alle wieder weg und die Bude ruhig, ist der Sommerspross fix und fertig. Aber überglücklich, in einem nicht-perfekten Haus mit Strubbelmama und Chaosfreunden aufwachsen zu dürfen. Wer braucht auch schon Muddis, die in High-Heels und akurater Hochsteckfrisur das Essen servieren, wenn ordinäre Nudeln mit Soße oder Pommes mit Ketchup Kinderaugen leuchten lassen...

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